Der Wunsch nach mehr Solarstrom auf begrenzter Fläche ist groß – ob auf dem Hausdach, der Garage oder am Balkon. Doch oft ist die verfügbare Fläche das Nadelöhr. Denn die Gesamtleistung einer Solaranlage hängt meist nicht vom Budget oder vom Strombedarf ab, sondern schlicht vom Platz. Hier kommen bifaziale Module ins Spiel: Sie sollen mehr Energie aus derselben Fläche gewinnen, indem sie Sonnenlicht von beiden Seiten nutzen. Hersteller werben mit Leistungssteigerungen von bis zu 30 Prozent. Doch wie realistisch ist das?

Wie bifaziale Module funktionieren
Im Gegensatz zu klassischen monofazialen Modulen erzeugen bifaziale Solarmodule Strom nicht nur auf der Vorderseite, sondern auch auf der Rückseite. Beide Flächen sind lichtempfindlich und nutzen das direkte Sonnenlicht ebenso wie reflektierte Strahlung von Boden, Dach oder Fassade.
Das gelingt durch eine semitransparente Rückseite aus Glas, die das einfallende Licht zu den Solarzellen durchlässt. Auf diese Weise kann auch das diffuse Licht, das von unten oder seitlich auftrifft, in Strom umgewandelt werden.
Die zusätzliche Energieausbeute hängt dabei stark von den Umgebungsbedingungen ab: von der Helligkeit, dem Untergrund, dem Neigungswinkel und der Modulhöhe über dem Boden.
Realistische Leistungssteigerung
Zwar versprechen einige Hersteller bis zu 30 Prozent mehr Leistung, doch solche Werte sind nur unter optimalen Bedingungen erreichbar – etwa bei Aufständerung über hellem, reflektierendem Untergrund wie Beton oder Schnee.
In der Praxis liegen die Zuwächse deutlich niedriger. Auf einem typischen Hausdach mit dunklen Dachziegeln sind es meist 5 bis 10 Prozent. Bei Fassaden- oder Freiflächenanlagen mit hellem Boden können 10 bis 20 Prozent realistisch sein. Nur unter Laborbedingungen oder bei speziellen Installationen mit hoher Reflexion sind die beworbenen 30 Prozent erreichbar.
Der Effekt ist also vorhanden, aber stark von den örtlichen Gegebenheiten abhängig.
Grenzen im Wohnbereich
Für klassische Dachanlagen bringt die bifaziale Technik daher meist nur einen moderaten Vorteil. Denn Dächer sind selten hell und reflektieren kaum Licht. Zudem sind viele Module flach montiert, sodass die Rückseite wenig zusätzliche Strahlung erhält.
Bei Balkonkraftwerken kann die Technik dagegen sinnvoll sein – vor allem, wenn die Module frei hängen und sowohl von vorne als auch von hinten Licht einfangen. Bei Südbalkonen oder Anlagen mit hellem Hintergrund lässt sich der Ertrag um bis zu 10 Prozent steigern.
Allerdings steigt der Preis: Bifaziale Module kosten in der Regel 10 bis 20 Prozent mehr als herkömmliche. Ob sich der Mehrertrag finanziell lohnt, hängt vom Standort, der Einstrahlung und der Nutzungsdauer ab.
Einsatz in Freiflächenanlagen
Richtig zur Geltung kommt die Technik in großen Solarparks. Dort werden die Module aufgeständert, mit genügend Abstand zum Boden und über reflektierendem Untergrund. So kann die Rückseite optimal genutzt werden. Studien zeigen, dass in solchen Anlagen Ertragssteigerungen zwischen 15 und 25 Prozent möglich sind – insbesondere in Regionen mit hoher Sonneneinstrahlung und hellem Wüstenboden.
In Mitteleuropa dagegen sind die Zuwächse geringer, da die diffuse Strahlung und der dunklere Bodenanteil den Rückseiten-Ertrag mindern. Trotzdem setzen immer mehr Betreiber auf bifaziale Module, weil sie langfristig höhere Stromerträge bei ähnlichen Flächenkosten ermöglichen.
Technische Voraussetzungen
Damit die Rückseite effektiv Strom erzeugen kann, muss sie frei zugänglich bleiben. Verschattung durch Nachbargebäude, Bäume oder Befestigungselemente reduziert den Ertrag erheblich. Auch die Montagehöhe ist entscheidend: Je höher das Modul über dem Boden installiert ist, desto mehr Licht erreicht die Rückseite.
Zudem sollte der Untergrund möglichst hell und reflektierend sein. Bei Dachanlagen lässt sich der Effekt durch helle Dachfolien oder weiße Beschichtungen verbessern – ein Aspekt, der bei der Planung berücksichtigt werden kann.
Wirtschaftliche Bewertung
Die Investition in bifaziale Module lohnt sich besonders dann, wenn die verfügbare Fläche begrenzt ist und eine hohe Nutzung der Sonnenenergie gewünscht wird. In typischen Einfamilienhäusern mit Dachanlagen überwiegt der Vorteil meist nur leicht den Mehrpreis.
Anders bei gewerblichen oder kommunalen Projekten, wo größere Flächen und gezielte Aufständerungen möglich sind. Dort kann der Mehrertrag die höheren Anschaffungskosten mittelfristig kompensieren.
Den Stromertrag erhöhen
Bifaziale Photovoltaik-Module sind eine interessante Weiterentwicklung der Solartechnik. Sie können den Stromertrag erhöhen, ohne mehr Fläche zu benötigen – allerdings nicht in dem Ausmaß, das manche Hersteller versprechen.
Während unter idealen Bedingungen bis zu 30 Prozent Mehrleistung erreichbar sind, liegt der reale Zugewinn in Wohngebäuden meist bei 5 bis 10 Prozent. Für Freiflächenanlagen mit optimaler Aufstellung kann sich die Technik dagegen deutlich lohnen.
Wer also mehr aus seiner Solarfläche herausholen will, sollte die Umgebung, Ausrichtung und Montagebedingungen genau prüfen – denn hier entscheidet sich, ob die doppelte Lichtnutzung wirklich doppelten Nutzen bringt.



