Für viele private Solaranlagen-Betreiber ändert sich zum Jahresende eine wichtige technische Vorgabe. Ab dem 1. Dezember dürfen Balkonkraftwerke offiziell mit einem herkömmlichen Schuko-Stecker betrieben werden. Grundlage ist eine neue Produktnorm des Verbands der Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik (VDE), die den Anschluss kleiner Solargeräte vereinfacht und damit den Einstieg in die private Stromproduktion erleichtert.

Bisher nur geduldet
Nach jahrelangen Debatten um Sicherheit, Normierung und Haftungsfragen reagiert der VDE damit auf den rasanten Anstieg von Steckersolargeräten in deutschen Städten und Gemeinden. Die neue Norm erlaubt, dass Mini-Solaranlagen bis zu einer Gesamtmodulleistung von 960 Watt über einen Schuko-Stecker mit dem Hausnetz verbunden werden dürfen. Damit wird erstmals ein Anschluss akzeptiert, der bislang nur geduldet, aber formal nicht normgerecht war.
Wer höhere Leistungen nutzen möchte, muss weiterhin auf Wieland- oder SEP-Stecker ausweichen. Diese Spezialstecker ermöglichen bis zu 2000 Watt Gesamtleistung, gelten jedoch als aufwendiger in der Installation und verursachen zusätzliche Kosten. Der breite Einsatz von Schuko-Steckern könnte damit vor allem Mietern entgegenkommen, die bislang vor der Anschaffung zurückschreckten.
Bei Batteriespeicher muss Fachmann ran
Nicht umfasst von der neuen Norm sind Steckersolargeräte mit integriertem Batteriespeicher. Bei diesen Systemen ist weiterhin die Installation eines Stromsensors durch eine Fachkraft vorgeschrieben, um Rückwirkungen auf das Hausnetz auszuschließen. Speicher gelten technisch als komplexer, da sie nicht nur Energie einspeisen, sondern auch puffern und zeitversetzt abgeben können. Hier bleibt der Gesetzgeber vorerst bei strikteren Regeln, um mögliche Überlastungen zu vermeiden.
Die Lockerung fällt in eine Phase, in der Balkonkraftwerke längst kein Nischenprodukt mehr sind. Nach Zahlen der Bundesnetzagentur wurden allein im vergangenen Jahr über eine Million neue Geräte angemeldet. In dicht bebauten Stadtquartieren sind sie mittlerweile fester Bestandteil vieler Fassaden, Balkone und Terrassen. Die Bundesregierung unterstützt den Trend und hatte bereits mit dem „Solarpaket I“ die Meldepflichten vereinfacht. Der Anschluss über Schuko gilt nun als nächster Schritt, um den Ausbau dezentraler Erzeugungsanlagen weiter zu beschleunigen.
Muss Sicherheitsstandards erfüllen
Auch Energieversorger beobachten die Entwicklung aufmerksam. Kleinere Einspeisemengen stabilisieren lokal die Netze, gleichzeitig steigt der Druck auf alte Hausinstallationen. Netzbetreiber weisen darauf hin, dass der Schuko-Anschluss zwar normgerecht, aber nicht identisch mit einer professionellen Installation sei. Entscheidend sei, dass die Geräte über eine moderne Abschalttechnik verfügen, die bei Netzstörungen sofort reagiert. Die VDE-Norm setzt daher voraus, dass die Wechselrichter bestimmte Sicherheitsstandards erfüllen und sich selbstständig vom Netz trennen können.
In der Praxis erwarten Experten, dass der Schuko-Anschluss den Markt weiter öffnet. Mietwohnungen mit eingeschränkten baulichen Möglichkeiten profitieren besonders. Einfache Plug-and-Play-Geräte, die sich ohne Bohren und ohne Elektriker montieren lassen, senken die Einstiegsschwelle deutlich. Gleichzeitig könnte der Wettbewerb unter Herstellern zunehmen, da kostspielige Spezialstecker nicht mehr zwingend erforderlich sind.



