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„Angstzuschlag“ bei Wärmepumpen – was es damit auf sich hat

Immer mehr Hausbesitzer entscheiden sich beim Heizungstausch für eine Wärmepumpe. Sie gilt als effizient, klimafreundlich und langfristig kostengünstig. Doch wer sich bei der Planung auf zu große Sicherheitsreserven verlässt, riskiert, dass die Anlage am Ende mehr kostet als nötig. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang vom sogenannten Angstzuschlag – einer weitverbreiteten, aber oft unterschätzten Fehlkalkulation.

Übersehen Verbraucher Kostenfallen bei neuen Gasheizungen? (Foto: Stiebel Eltron)

Mit dem schrittweisen Aus für Gas- und Ölheizungen müssen viele Eigentümer über eine neue Heizlösung nachdenken. Wärmepumpen sind in Neubauten längst Standard und werden zunehmend auch in Bestandsgebäuden eingebaut. Die Technik nutzt Umweltwärme aus Luft, Erde oder Grundwasser und arbeitet damit weitgehend unabhängig von fossilen Brennstoffen. Damit sie aber effizient läuft, muss sie exakt auf das Gebäude abgestimmt sein.

Heizlastberechnung ist Pflicht

Grundlage jeder Planung ist die Heizlastberechnung. Sie zeigt, wie viel Wärme ein Haus benötigt, um auch an kalten Tagen die Raumtemperatur konstant zu halten. Dabei werden Faktoren wie Dämmung, Fensterflächen, Lüftungsverluste und Gebäudestandort berücksichtigt. Der Energieausweis allein liefert hierfür keine ausreichenden Daten, denn er basiert auf Durchschnittswerten.

In der Praxis wird die Berechnung jedoch häufig zu grob oder gar nicht durchgeführt. Aus Sorge, die Anlage könnte im Winter nicht genug Leistung bringen, greifen viele Planer und Installateure zu einer größeren Wärmepumpe, als tatsächlich nötig wäre. Der vermeintliche Sicherheitsaufschlag soll verhindern, dass Bewohner bei Minusgraden frieren – und genau hier beginnt das Problem.

Wenn die Wärmepumpe zu stark ist

Eine überdimensionierte Wärmepumpe liefert zwar problemlos ausreichend Heizleistung, arbeitet jedoch ineffizient. Denn sie erreicht ihre Zieltemperatur schnell und schaltet sich danach wieder ab. Diese kurzen Laufzeiten führen dazu, dass das Gerät ständig an- und ausgeht. Das sogenannte Takten belastet den Verdichter, der zu den teuersten Bauteilen einer Wärmepumpe gehört. Mit der Zeit steigt der Verschleiß deutlich, und die Lebensdauer verkürzt sich.

Neben dem technischen Nachteil entstehen auch finanzielle Verluste. Die Anschaffung einer größeren Anlage ist teurer, und der Energieverbrauch steigt, weil die Wärmepumpe nicht im optimalen Bereich arbeitet. Hinzu kommen höhere Wartungs- und Reparaturkosten. Eine zu klein dimensionierte Anlage lässt sich dagegen meist durch eine elektrische Zusatzheizung absichern – das ist oft günstiger, als dauerhaft ein überdimensioniertes System zu betreiben.

Wie sich der Angstzuschlag vermeiden lässt

Damit die Wärmepumpe weder zu klein noch zu groß gewählt wird, ist eine präzise Berechnung der Heizlast unverzichtbar. Eigentümer sollten diese von einem qualifizierten Energieberater oder Heizungsfachbetrieb nach DIN EN 12831 durchführen lassen. Dabei werden sowohl die Gebäudehülle als auch die klimatischen Bedingungen des Standorts berücksichtigt.

Bei bestehenden Häusern hilft ein Blick in den sogenannten Baualtersklassenkatalog, der typische Dämmwerte und Energiekennzahlen je Baujahr enthält. Auch die bisherigen Heizkosten und Verbrauchsdaten liefern wertvolle Hinweise: Wer beispielsweise über mehrere Jahre hinweg Gas- oder Ölrechnungen dokumentiert hat, kann daraus den tatsächlichen Wärmebedarf ableiten. So lässt sich das neue System realistischer planen.

Eine seriöse Berechnung lohnt sich doppelt: Sie spart Geld bei der Anschaffung und sorgt dafür, dass die Wärmepumpe langfristig effizient arbeitet. Außerdem kann sie Voraussetzung für Fördermittel aus der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) sein – dort wird eine fachgerechte Planung ausdrücklich verlangt.

Planung und Beratung zahlen sich aus

Wer auf den Angstzuschlag verzichtet, setzt auf Präzision statt Vorsicht. Eine korrekt dimensionierte Wärmepumpe deckt den tatsächlichen Bedarf zuverlässig ab, ohne unnötige Reserven vorzuhalten. Entscheidend ist das Zusammenspiel aus Leistung, Gebäudehülle und Heizsystem. Bei Altbauten kann es sinnvoll sein, parallel die Dämmung zu verbessern oder größere Heizflächen zu installieren, um niedrigere Vorlauftemperaturen zu ermöglichen.

Viele Energieberater empfehlen zudem, die Anlage mit einem Pufferspeicher zu kombinieren. Er gleicht kurzfristige Schwankungen aus und verringert das Takten – insbesondere in Übergangszeiten. Auch eine intelligente Steuerung kann helfen, die Laufzeiten zu optimieren und die Lebensdauer der Technik zu verlängern.