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Deutschlands Gasspeicher so leer wie seit Jahren nicht

Die deutschen Gasspeicher sind Anfang Oktober 2025 so schlecht gefüllt wie seit Beginn der Energiekrise nicht mehr. Laut aktuellen Daten der Initiative Energien Speichern (INES) lag der Füllstand am 3. Oktober bei lediglich 76,2 Prozent – deutlich weniger als in den Jahren 2022 bis 2024, als die Speicher jeweils über 90 Prozent erreichten.

Gasspeicher

Gelockerte Vorgaben führen zu niedrigeren Füllständen

Hintergrund des ungewöhnlich niedrigen Füllstands ist eine Verordnung, die der damalige Wirtschaftsminister Robert Habeck noch in den letzten Tagen seiner Amtszeit in Kraft setzte. Sie ersetzt die bis März 2025 gültige Füllstandsverordnung, die klare Zwischenziele für den Herbst vorsah.

In den Vorjahren galt, dass die deutschen Speicher bis zum 1. Oktober zu mindestens 85 Prozent gefüllt sein mussten und bis zum 1. November 95 Prozent erreichen sollten. Diese strengen Vorgaben hatten nach dem russischen Angriff auf die Ukraine zur Stabilisierung der Gasversorgung beigetragen. Die neue Verordnung, die am 5. Mai 2025 in Kraft trat, lockerte die Ziele erheblich: Das Zwischenziel für Anfang Oktober entfiel, und für einige große Speicher gelten nun niedrigere Anforderungen.

Demnach müssen die Anlagen in Bad Lauchstädt, Frankenthal, Hähnlein, Rehden, Stockstadt und Uelsen zum 1. November nur zu 45 Prozent gefüllt sein. Für alle übrigen Speicher gilt ein Zielwert von 80 Prozent. Die Ausnahmeregelung begründet das Ministerium mit der geografischen Lage und der geringeren technischen Einspeiseleistung dieser Speicher.

Der Fall Rehden: größter Speicher mit niedriger Füllung

Besonders auffällig ist der Speicher in Rehden (Niedersachsen). Mit einer Kapazität von 44,7 Terawattstunden macht er rund 18 Prozent der gesamten deutschen Speicherkapazität aus. Nach Angaben der INES-Speicherkarte waren Anfang Oktober lediglich 12,7 Terawattstunden eingelagert – ein Füllstand von 28,4 Prozent.

Damit ist Rehden weit von den früher üblichen Füllmengen entfernt. Noch 2023 lag der Speicher zur gleichen Zeit bei über 90 Prozent. Energieexperten warnen, dass die großen Volumina dieser Kavernen entscheidend für die Versorgung im Winter sind. Sie dienen als Reserve, wenn der Verbrauch in den Heizmonaten stark steigt.

Deutschland unter EU-Durchschnitt

Im europäischen Vergleich liegt Deutschland derzeit zurück. Während der EU-Durchschnitt laut Brüsseler Daten bei 83,6 Prozent liegt, verzeichnen Nachbarländer wie Frankreich, Tschechien und Belgien bereits Füllstände von über 90 Prozent. Polen hat seine Speicher sogar vollständig gefüllt.

Dass Deutschland vor Beginn der Heizperiode unterdurchschnittliche Werte aufweist, sorgt auch in Nachbarstaaten für Sorge. Der europäische Gasmarkt ist stark verflochten, Lieferströme werden bei Knappheit über Grenzen hinweg umgeleitet. Sinkende Füllstände in Deutschland könnten somit auch Auswirkungen auf die Versorgung in Mitteleuropa haben.

Versorgung sicher – wenn es nicht zu kalt wird

Nach Berechnungen der „Initiative Energien Speichern“ (INES) reichen die vorliegenden Buchungen bei normalen bis mittleren Temperaturen im Winter für eine sichere Versorgung aus.

Bei extrem tiefen Temperaturen, wie er sie zum Beispiel im Winter 2010 in Europa gab, könnten die Gasspeicher allerdings bereits Ende Januar 2026 vollständig entleert sein. Kann dann nicht kurzfristig nachbeschafft werden, hätten zuerst die industriellen Großverbraucher mit Lieferengpässen zu rechnen.

Experten sehen politische Fehlentscheidung

Energieanalysten kritisieren, die Lockerung der Speicherziele sei zum falschen Zeitpunkt erfolgt. „Gerade in geopolitisch unsicheren Zeiten hätte Deutschland ein höheres Sicherheitsniveau halten müssen“, sagt etwa ein Branchenvertreter aus dem Bereich Energiespeicherung. Auch in der Wirtschaft wird befürchtet, dass niedrige Füllstände zu Preisschwankungen führen könnten.

Zwar wurde die Verordnung offiziell mit technischen Einschränkungen und Engpässen bei der Einspeisung begründet. Doch Kritiker sehen darin auch ein Signal nachlassender Vorsorgepolitik. Der Energiemarkt sei noch immer anfällig für Preisschocks, wie die Energiekrise 2022 gezeigt habe.

Hinzu kommt: Flüssiggasimporte können zwar kurzfristig Versorgungslücken schließen, sind aber teurer und logistisch aufwendiger. Zudem hängt der europäische Markt stark von weltweiten LNG-Lieferungen ab.

Uniper hat Stilllegung eines Erdgasspeichers beantragt

Eine andere Entscheidung sorgt zu Beginn der Heizsaison ebenfalls für Unruhe: Der staatlich kontrollierte Energiekonzern Uniper will den drittgrößten deutschen Gasspeicher in Breitbrunn am Chiemsee schließen. Der Antrag auf Stilllegung liegt bereits vor. Der Grund für den Schritt ist wirtschaftlicher Natur: Der Speicherbetrieb rechnet sich nicht mehr.

Lange Zeit war das Speichern von Gas ein lukratives Geschäft. Betreiber wie Uniper kauften in den Sommermonaten günstig Pipeline-Gas – meist aus Russland – und verkauften es im Winter zu höheren Preisen weiter. Diese Preisdifferenz, der sogenannte Sommer-Winter-Spread, garantierte stabile Gewinne und sicherte die Versorgung in der kalten Jahreszeit. Mit dem Ausfall russischer Lieferungen und dem Umstieg auf teures Flüssiggas (LNG) hat sich dieses Modell jedoch grundlegend verändert.

Inzwischen ist Gas im Sommer teilweise teurer als im Winter. Das erschwert die wirtschaftliche Nutzung der Speicher, die zudem hohe Wartungs- und Betriebskosten verursachen. Viele Betreiber kämpfen deshalb mit Verlusten.