Geothermie gilt als eine der vielversprechendsten Wärmequellen der Zukunft. Ihre Energie ist klimafreundlich, nahezu unerschöpflich und grundlastfähig – also unabhängig von Wind oder Sonne verfügbar. Und dennoch spielt sie in Deutschland bislang nur eine Nebenrolle.

Trotz ihrer Stärken macht die Geothermie hierzulande laut Bundesverband Geothermie nur etwa 1 Prozent der Wärmeerzeugung aus. Der Stromanteil liegt sogar bei unter 0,05 Prozent. Zum Vergleich: In Island oder Neuseeland werden große Teile des Energiebedarfs aus dem Inneren der Erde gedeckt.
Dabei bietet die Erdwärme gleich mehrere Vorteile:
- Sie ist CO₂-neutral und unabhängig von Importen
- Sie liefert kontinuierlich Energie, auch bei Dunkelheit oder Windstille
- Sie kann sowohl Wärme als auch Strom liefern
- Sie eignet sich für Gebäudeheizung, Nahwärmenetze und industrielle Anwendungen
Warum also wird sie in Deutschland nicht stärker genutzt?
Gründe für die geringe Nutzung
- Hohe Investitionskosten
Tiefengeothermie erfordert Bohrungen von mehreren hundert bis über 4.000 Meter Tiefe. Diese sind technisch anspruchsvoll und teuer – ein einziges Projekt kann schnell 20 bis 30 Millionen Euro kosten. - Geologisches Risiko
Nicht überall in Deutschland sind die geologischen Bedingungen ideal. Selbst sorgfältige Voruntersuchungen können Fehleinschätzungen nicht ausschließen – das wirtschaftliche Risiko ist entsprechend hoch. - Angst vor Erdbeben
Insbesondere nach Vorfällen in Basel (2006) oder in Staufen im Breisgau (Hebung der Innenstadt nach einer Geothermiebohrung) gibt es in der Bevölkerung Vorbehalte. Dabei gilt: Sorgfältig geplante Projekte mit umfangreichem Monitoring können Risiken minimieren. - Bürokratische Hürden
Die Genehmigungsverfahren sind komplex und langwierig. Förderprogramme bestehen zwar, aber oft fehlen koordinierte Strategien auf Landesebene. - Fehlende Bekanntheit und Akzeptanz
Geothermie ist im öffentlichen Diskurs weit weniger präsent als etwa Photovoltaik oder Windkraft. Auch viele Kommunen kennen die lokalen Potenziale nicht.
Wo Geothermie in Deutschland funktioniert
Die Möglichkeiten für geothermische Energie hängen stark von der geologischen Beschaffenheit ab. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen oberflächennaher Geothermie (für einzelne Gebäude, bis etwa 400 m Tiefe) und Tiefengeothermie (für größere Projekte, z. B. Nahwärmenetze, ab 400 m Tiefe).
Geeignete Regionen für Tiefengeothermie sind u. a.:
Region | Besonderheit |
---|---|
Oberrheingraben | Sehr gute Wärmeleitfähigkeit, hohe Gradienten |
Molassebecken (Bayern) | Viele Projekte bereits in Betrieb, z. B. in München, Unterhaching, Erding |
Norddeutsches Becken | Tiefe Sandsteinschichten mit warmem Thermalwasser |
Niederrheinische Bucht | Potenziale vorhanden, bisher wenig erschlossen |
Vulkanische Gebiete (Eifel, Vogelsberg) | Regionale Wärmequellen durch geologische Aktivität |
Für oberflächennahe Geothermie eignet sich fast jede Region – entscheidend sind hier vor allem:
- Platz für Erdsonden oder Erdkollektoren
- Genehmigung durch das zuständige Wasserwirtschaftsamt (wegen Grundwasserschutz)
- Kombination mit Wärmepumpentechnik
Förderungen und Perspektiven
Die Bundesregierung will den Ausbau der Geothermie voranbringen. Im Rahmen des Wärmeplans 2045 und der Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW) werden neue Projekte zunehmend unterstützt. Auch die Stadtwerke München wollen ihre Fernwärme bis 2040 vollständig mit Geothermie betreiben.
Zudem gibt es Überlegungen, alte Öl- und Gasbohrungen für Geothermie nutzbar zu machen – das könnte Kosten und Aufwand reduzieren.
Nachteile von Geothermie
Die Nutzung von Geothermie in Deutschland bringt trotz ihrer Vorteile auch eine Reihe von Nachteilen mit sich. Ein zentrales Problem sind die geologischen Bedingungen für eine wirtschaftliche Nutzung: Bohrungen müssen oft sehr tief erfolgen, was die technischen Anforderungen erhöht und die Kosten weiter in die Höhe treibt.
Auch Bodensenkungen oder -hebungen können als Folge der Bohrungen auftreten, was zu Schäden an Gebäuden führen kann – Widerstände in der Nachbarschaft sind vorprogrammiert. Ein besonders diskutiertes Thema ist die sogenannte induzierte Seismizität: Durch die Bohrungen und Wasserinjektionen könnten kleine Erdbeben ausgelöst werden.
Ein weiterer Nachteil ist der hohe Flächenbedarf von Geothermiekraftwerken, was ihren Einsatz in dicht besiedelten Gebieten erschwert.
Kaum politischer Wille zu erkennen
Geothermie kann ein wichtiger Baustein der Energiewende sein – aber nur, wenn sie politisch stärker gefördert, bekannter gemacht und bürokratisch entlastet wird. Die natürlichen Voraussetzungen sind in vielen Regionen gegeben. Um das Potenzial zu nutzen, braucht es Mut, Investitionen – und den politischen Willen.