Seit dem 28. Mai 2024 gilt die neu gefasste europäische Gebäuderichtlinie (EPBD). Ihr Ziel: Der Gebäudebestand in der EU soll bis 2050 klimaneutral werden. Deutschland muss die Vorgaben bis spätestens 29. Mai 2026 in nationales Recht überführen – voraussichtlich über Änderungen am Gebäudeenergiegesetz (GEG). Für Eigentümer stellt sich die Frage, ob neue Pflichten drohen.

Keine unmittelbaren Pflichten für Eigentümer
Zentrales Ziel der Richtlinie ist es, den Energieverbrauch im Gebäudesektor deutlich zu senken. Vorgeschrieben wird in der gesamten EU, dass Wohngebäude bis 2030 im Durchschnitt mindestens 16 Prozent weniger Primärenergie (Öl, Gas, Kohle, Wind, Wasser, Sonne, Biomasse, Kernenergie) verbrauchen sollen, bis 2035 sind es 20 bis 22 Prozent.
Wie diese Einsparungen erreicht werden, bleibt den Staaten überlassen. Anders als zunächst befürchtet, enthält die Richtlinie keine unmittelbare Pflicht für Eigentümer, bestimmte Sanierungsmaßnahmen vorzunehmen. Es wird also keine allgemeine Verpflichtung geben, Dächer, Fenster oder Heizungen zwangsweise zu erneuern.
Stattdessen setzt die EPBD auf nationale Sanierungsfahrpläne und Anreize. Die Mitgliedstaaten sollen Förderprogramme und Beratungsangebote ausbauen, um energetische Modernisierungen attraktiver zu machen. Deutschland plant, diese Vorgaben über das GEG und flankierende Förderprogramme der KfW umzusetzen. Vorgesehen ist außerdem eine Priorisierung von Gebäuden mit besonders hohem Energieverbrauch, den sogenannten „Worst Performing Buildings“.
Alle Neubauten müssen „Null-Emissions-Gebäude“ sein
Deutlich verbindlicher sind die Regelungen für Neubauten. Ab 2030 müssen alle neuen Gebäude in der EU als „Null-Emissions-Gebäude“ errichtet werden. Öffentliche Neubauten müssen diesen Standard bereits ab 2028 erfüllen. Das bedeutet, dass der Energiebedarf eines Gebäudes nahezu vollständig durch erneuerbare Energien gedeckt sein muss. Fossile Heizsysteme werden in Neubauten damit de facto ausgeschlossen.
Deutschland wird diese Anforderungen voraussichtlich über eine Anpassung des Effizienzhaus-Standards im GEG („Heizungsgesetz“) umsetzen. Bereits heute gilt die Pflicht, Neubauten so zu planen, dass sie überwiegend mit erneuerbaren Energien beheizt werden können. Die künftigen Vorgaben dürften diesen Kurs weiter verschärfen, insbesondere durch verschärfte Anforderungen an die Gebäudehülle und den Primärenergiebedarf.
Solarpflicht auf Dächern wird konkret
Ein weiterer Schwerpunkt der EU-Gebäuderichtlinie betrifft den Ausbau von Solarenergie. Künftig sollen geeignete Dachflächen systematisch für Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen genutzt werden. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, Rahmenbedingungen zu schaffen, um Solarenergie auf Neubauten und Bestandsgebäuden schrittweise auszubauen.
Für Deutschland bedeutet das voraussichtlich eine Solarpflicht bei Neubauten und größeren Dachsanierungen. Erste Bundesländer wie Baden-Württemberg und Berlin haben solche Vorgaben bereits umgesetzt. Auf Bundesebene wird erwartet, dass die Pflicht im GEG verankert und durch steuerliche Erleichterungen oder Investitionszuschüsse flankiert wird. Eigentümer könnten künftig stärker in die Pflicht genommen werden, Dachflächen für die eigene Strom- oder Wärmeerzeugung zu nutzen.
Energieausweise und Gebäudedaten werden digitalisiert
Die Richtlinie führt zudem eine einheitliche europäische Systematik für Energieausweise ein. Ziel ist es, die Vergleichbarkeit der Gebäudedaten in der EU zu verbessern. In Deutschland werden Energieausweise künftig digital erfasst und mit einer zentralen Gebäudedatenbank verknüpft. Eigentümer müssen dann detailliertere Angaben zu Energieverbrauch, Heizungssystem und Dämmstandard machen.
Für Käufer und Mieter soll dadurch mehr Transparenz entstehen. Der Energieausweis wird künftig nicht nur ein Pflichtdokument beim Verkauf oder der Vermietung sein, sondern auch eine Grundlage für staatliche Sanierungsstrategien.
Unterstützung für sozialverträgliche Umsetzung
Die EU verlangt ausdrücklich, dass die Maßnahmen sozial ausgewogen gestaltet werden. Förderprogramme sollen vor allem Haushalte mit geringem Einkommen entlasten. Deutschland plant, die bestehenden Förderstrukturen auszubauen, um Härtefälle zu vermeiden. Denkbar sind Zuschüsse für Eigentümergemeinschaften, zinsgünstige Kredite und steuerliche Vergünstigungen für energetische Sanierungen.
Kritiker befürchten dennoch, dass die Umsetzung höhere Kosten verursachen wird, insbesondere für Eigentümer älterer Gebäude. Befürworter betonen hingegen, dass die Richtlinie Planungssicherheit schafft und langfristig Energiekosten senken kann.



