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Energiewende in der Sackgasse: Wenn Ausbau und Realität kollidieren

Deutschland investiert seit Jahren massiv in den Ausbau erneuerbarer Energien. Mehr als 500 Milliarden Euro wurden für Wind- und Solaranlagen bereitgestellt, flankiert von politischen Anreizen und ambitionierten Klimazielen. Doch die Stromproduktion bleibt hinter den Erwartungen zurück. Kapazitätsfaktoren sinken, Netze geraten an ihre Grenzen, und immer häufiger treten wirtschaftlich problematische Effekte wie negative Strompreise auf. Die Energiewende droht an systemischen Schwächen zu scheitern – trotz unbestrittener Notwendigkeit. Eine Betrachtung.

Mit Strom heizen: Die Außeneinheit der Wärmepumpe aroTHERM plus (Foto: E.ON Energie Deutschland GmbH/Vaillant)

Ausbau ohne Wirkung

Zahlen des vergangenen Jahrzehnts zeigen: Die installierte Leistung vor allem bei der Photovoltaik wächst stark – zwischen 2015 und 2025 nahezu eine Verdreifachung. Doch gleichzeitig stagniert der Stromertrag seit Jahren, die Effizienz nimmt ab.

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Was bedeutet Stromertrag?

Unter Stromertrag versteht man die Menge an elektrischem Strom, die eine Anlage, wie beispielsweise eine Photovoltaik- oder Solaranlage, in einem bestimmten Zeitraum (meist innerhalb eines Jahres) erzeugt. Er gibt also die tatsächlich erntbare Energiemenge in Kilowattstunden (kWh) an, die von der Anlage produziert wurde. Der Stromertrag ist somit ein Maß für die Leistung und Effizienz der Anlage und wird meist durch Zähler erfasst.

Besonders bei Photovoltaikanlagen wird der Stromertrag in Zusammenhang mit der Anlagenleistung (kWp) und der Sonneneinstrahlung betrachtet, da diese Faktoren den Ertrag maßgeblich beeinflussen. Der Stromertrag kann auch in monetären Begriffen betrachtet werden, zum Beispiel als Einsparung durch Eigenverbrauch oder als Erlös durch Einspeisung ins Stromnetz.

So sank der Kapazitätsfaktor bei Windkraft an Land von 26 Prozent im Jahr 2020 auf nur noch 18 Prozent im Jahr 2025. Auch bei Solaranlagen fällt der Wert – wenn auch zum Teil durch zunehmende Eigennutzung. Die Entkopplung von Ausbau und tatsächlicher Netzeinspeisung weist auf strukturelle Probleme hin.

Dunkelflauten und Klimafolgen

Neben technischen Fragen spielt das Klima eine Rolle. Der Deutsche Wetterdienst verzeichnete im März 2025 ein windarmes Hochdruckgebiet – mit erheblichen Auswirkungen auf die Stromproduktion. Im November 2024 kam es zur längsten Dunkelflaute seit über 40 Jahren. Besonders beunruhigend: Forscher erwarten einen langfristigen Rückgang der Windgeschwindigkeiten über Europa – das sogenannte „Global Stilling“.

Bereits ein Rückgang um 15 Prozent kann die Stromerträge aus Windkraft um fast 40 Prozent verringern. In Verbindung mit wachsendem Strombedarf für Klimatisierung stellt das eine Herausforderung für die Versorgungssicherheit dar.

Netze überlastet, Strom verschenkt

Ein weiteres Problem der Energiewende: Die Infrastruktur wächst nicht im Takt mit der Stromerzeugung. 2024 mussten laut Bundesnetzagentur fast 9400 GWh an Strom aus erneuerbaren Quellen abgeregelt werden – doppelt so viel wie 2017. Dieser Strom konnte mangels Netzkapazität nicht genutzt werden.

Anlagenbetreiber erhalten dennoch Entschädigungen, die Systemkosten steigen. Experten fordern, Betreiber künftig an den Netzausbaukosten zu beteiligen. Auch Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche plädiert für eine stärkere Systemverantwortung der EE-Betreiber.

Preissignale außer Kraft gesetzt

Immer häufiger führen Überkapazitäten zu negativen Strompreisen. Im ersten Halbjahr 2025 registrierten Börsen 424 Stunden, in denen Strom nur gegen Aufpreis abgenommen wurde. Deutschland produziert – das Ausland profitiert.

Für viele Altanlagenbetreiber bleibt das folgenlos – ihre Vergütung ist gesichert. Die Solar-Einspeisegarantie produziert Überkapazitäten und verschlingt jedes Jahr zweistellige Milliardensummen für alle Steuerzahler.

Fazit: Neustart notwendig

Seit 1998 kostet die Energiewende Milliarden um Milliarden – doch die Versorgungssicherheit, die ureigene Aufgabe eines Staates, nimmt ab. 2023 gingen die letzten Atomkraftwerke vom Netz, dazu kommt ein Kohleausstieg, neue Gaskraftwerke sind erst im Planung.

Die Energiewende braucht dringend einen Kurswechsel. Einseitiger Ausbau führt in ein Ungleichgewicht aus Stromüberschuss, Netzengpässen und steigenden Kosten. Die Politik muss Versorgungssicherheit, Systemintegration und Technologieoffenheit stärker priorisieren. Nur durch abgestimmtes Vorgehen zwischen Erzeugung, Netz und Verbrauch lassen sich Versorgung und Wirtschaftlichkeit langfristig sichern. Die bisherigen Leitplanken sind zu schmal – ein breiterer Pfad ist notwendig, wenn Klimaziele und Wohlstand gleichermaßen erreicht werden sollen.