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Wärmewende in Dänemark: Ein Vorbild für Deutschland?

Dänemark zeigt, wie eine Wärmewende gelingen kann – und zwar flächendeckend. Während in Deutschland die Debatte um Heizungstausch, CO₂-Kosten und kommunale Wärmeplanung weiterläuft, hat das skandinavische Land schon vor Jahrzehnten die Weichen gestellt.

Kopenhagen bei Nacht (Foto: Kristoffer Trolle/CC BY 2.0)

Zwei Drittel der Haushalte sind heute an ein Fernwärmenetz angeschlossen – die Wärmeerzeugung wird zunehmend CO₂-neutral. Lässt sich dieses Modell auf Deutschland übertragen?

Vom Öl-Schock zur strategischen Wärmeplanung

Die Ölkrise von 1973 war für Dänemark ein Weckruf. Die starke Abhängigkeit von fossilen Importen gefährdete nicht nur die Wärmeversorgung, sondern auch die wirtschaftliche Stabilität. Die Antwort kam 1979: Mit dem ersten Wärmeversorgungsgesetz verpflichtete das Land alle Kommunen zur Erstellung einer strategischen Wärmeplanung. Dabei entscheidet jede Kommune eigenverantwortlich, wie sie ihre Haushalte versorgt – dezentral, aber im Einklang mit nationalen Klimazielen.

Das Gesetz verankerte zudem die Förderung von Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und untersagte Preisaufschläge auf die tatsächlichen Wärmekosten. Fernwärme sollte bezahlbar bleiben – auch für Haushalte mit geringem Einkommen. Bis heute dürfen dänische Anbieter keinen Gewinn mit der Wärmelieferung erzielen. Erwirtschaftete Überschüsse fließen entweder in den Netzausbau oder werden an die Kunden zurückgegeben.

Verbot fossiler Heizsysteme – mit Augenmaß

Dänemark setzt auf klare politische Vorgaben. Seit 2013 ist der Einbau neuer Öl- und Gasheizungen in Neubauten verboten. 2016 folgte ein Verbot für den Austausch alter Heizkessel, wenn ein Fernwärmeanschluss möglich ist. Ab 2030 soll das Heizen mit Erdgas ganz entfallen.

Diese Maßnahmen flankiert die Regierung mit Förderprogrammen: Wer sich ans Fernwärmenetz anschließen lässt, erhält rund 2.700 Euro Unterstützung. Wer stattdessen eine Wärmepumpe installieren will, geht leer aus – sofern ein Fernwärmeanschluss technisch möglich wäre.

Diese politische Lenkung hat Wirkung gezeigt: Die Netzdichte steigt, die Anschlusskosten sinken, der Umstieg auf erneuerbare Wärme wird attraktiver. Zwar stammt bislang nur gut die Hälfte der Fernwärme aus klimafreundlichen Quellen, doch der Anteil wächst: Geothermie, Solarthermie, industrielle Abwärme und Großwärmepumpen ersetzen schrittweise fossile Brennstoffe.

Warum das Modell funktioniert

Das dänische System setzt auf vier zentrale Prinzipien: Erstens klare gesetzliche Zielvorgaben. Zweitens die Verantwortung der Umsetzung auf lokaler Ebene. Drittens eine strikte Preiskontrolle ohne Gewinnabsicht. Und viertens Offenheit gegenüber technologischen Lösungen – entscheidend ist nicht die Technik, sondern der Emissionswert. Möglich ist das alles durch ein breites gesellschaftliches Konsensmodell, das Umweltpolitik als Gemeinschaftsaufgabe versteht.

Ein weiterer Vorteil: Fernwärmezentralen lassen sich kostengünstiger und effizienter mit erneuerbaren Energien betreiben als Millionen Einzelheizungen. Die Wärme wird dort produziert, wo die Bedingungen ideal sind, und über Leitungen an die Haushalte verteilt. Das spart Investitionskosten, vereinfacht die Steuerung – und macht die Wärmewende technisch beherrschbar.

Grenzen der Übertragbarkeit

Doch ist das dänische Modell ein Vorbild für Deutschland? Nur teilweise. Hierzulande fehlt bislang die gesetzliche Preiskontrolle – Fernwärmeanbieter dürfen Gewinne erzielen, was die Heizkosten in die Höhe treibt. Auch der politische Wille zu verbindlichen Vorgaben ist begrenzt. Ein Anschlusszwang, wie er in Dänemark durch wirtschaftliche Anreize praktisch umgesetzt wird, ist in Deutschland kaum durchsetzbar. Zudem sind die Größe und die Geografie Dänemarks mit Deutschland nicht zu vergleichen.

Laut Deutschem Städte- und Gemeindebund wären Investitionen von rund 100 Milliarden Euro nötig, um die deutschen Wärmenetze auszubauen. Wer diese Kosten trägt, ist offen. Während Dänemark auf verpflichtende Reinvestitionen durch die Versorger setzt, bleiben die finanziellen Lasten in Deutschland bislang vor allem bei Verbrauchern und Kommunen hängen.