Rund 35 Prozent des gesamten Endenergieverbrauchs in Deutschland entfallen auf Gebäude. Dennoch sinkt die Sanierungsquote – und das mit wachsender Geschwindigkeit. Dabei gilt der Gebäudesektor als Schlüssel zur Energiewende.

Doch trotz ambitionierter politischer Klimaziele kommt die energetische Sanierung des Gebäudebestands kaum voran. Die Gründe: hohe Kosten, gestiegene Zinsen – und politische Versäumnisse.
Weniger als ein Prozent wird jährlich saniert
Die Zahlen sprechen für sich: Lag die Sanierungsquote laut Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle (BuVEG) im Jahr 2022 noch bei 0,88 Prozent, fiel sie 2023 auf nur noch 0,7 Prozent. Dabei müssten nach Berechnungen von Fachleuten jährlich mindestens 2 bis 3 Prozent der Bestandsgebäude energetisch modernisiert werden, um die Klimaziele zu erreichen.
Besonders betroffen sind Ein- und Zweifamilienhäuser, die etwa 75 Prozent des Gebäudebestands ausmachen. Sanierungen finden hier bislang zu selten statt. BuVEG-Geschäftsführer Jan Peter Hinrichs warnt im Gespräch mit ntv: „Wenn nicht saniert wird, sehen wir eine krasse Immobilienabwertung.“ In ländlichen Regionen könne der Wertverlust bis zu 30 Prozent betragen. Doch viele Eigentümer bleiben passiv – aus finanziellen Gründen oder weil sie keinen Verkaufsdruck verspüren.
Klimaziel rückt in weite Ferne
Bis 2030 will Deutschland die CO₂-Emissionen im Gebäudesektor um 66 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren. Doch mit dem derzeitigen Tempo würde es rund 100 Jahre dauern, bis der gesamte Bestand von 21 Millionen Gebäuden saniert ist. Der Rückgang der Sanierungsaktivität fällt zeitlich mit dem Einbruch des Neubaus zusammen. In früheren Jahren wurde argumentiert, die Branche sei mit Neubauprojekten ausgelastet. Heute hingegen stehen viele Betriebe ohne Aufträge da – auch weil die Förderung reduziert wurde.
Steuerliche Anreize greifen kaum
Energetische Sanierungen sind kostspielig – schnell kommen Beträge im fünfstelligen Bereich zusammen. Zwar gibt es steuerliche Erleichterungen: Bis zu 20 Prozent der Kosten können über drei Jahre hinweg beim Finanzamt geltend gemacht werden, maximal 40.000 Euro. Doch nach Ansicht von Experten reicht das nicht aus, um die nötige Dynamik zu erzeugen.
Hinrichs schlägt vor, einzelne Maßnahmen unkompliziert steuerlich absetzbar zu machen – auch bei selbst beschafften Materialien. Zwar sei dies grundsätzlich schon möglich, doch der Prozess sei oft zu kompliziert oder nicht attraktiv genug. Die Maßnahme müsse so ausgestaltet sein, dass sich eine Sanierung auch für Eigentümer lohnt, die ihre Immobilie langfristig selbst nutzen und nicht verkaufen wollen.