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Strom war am Wochenende fast kostenlos – Chancen und Risiken dynamischer Preise

Am 4. Oktober 2025 erreichten die Großhandelspreise an der Leipziger Strombörse EEX historische Tiefstände. Grund war ein kräftiges Sturmtief über Deutschland: Orkanartige Böen im Norden und Westen führten zu einer massiven Einspeisung von Windstrom. Gleichzeitig sorgte die Feiertagsruhe in Industrie und Gewerbe für eine vergleichsweise geringe Nachfrage. Das Ergebnis: Die Preise für eine Megawattstunde Strom lagen im Day-Ahead-Markt zeitweise um oder sogar unter null Euro.

Durchschnittspreis liegt sonst bei 35 Cent

Auf den ersten Blick klingt das verlockend. Haushalte mit dynamischen Stromtarifen konnten Wärmepumpen, Batteriespeicher oder Elektroautos besonders günstig betreiben. Durchschnittlich zahlten Verbraucher zwischen 15 und 20 Cent pro Kilowattstunde – deutlich unter dem regulären Preis von rund 35 Cent. Flexible Tarife belohnen jene, die ihren Verbrauch zeitlich anpassen können – und tragen gleichzeitig zur Netzstabilität bei.

Doch so attraktiv die niedrigen Preise wirken, sie bergen auch Risiken. Negativpreise entstehen nicht, weil Strom plötzlich wertlos wird, sondern weil Angebot und Netzkapazität nicht optimal zusammenpassen. In Spitzenzeiten kann das Netz überlastet werden, wenn zu viel Windstrom nicht transportiert oder gespeichert werden kann. Kurzfristig „kostenloser“ Strom bedeutet also nicht automatisch: sicher, nachhaltig und ökonomisch unproblematisch.

Voraussetzungen für dynamische Preise

Die Voraussetzungen für die Nutzung dynamischer Tarife sind zudem hoch: Smart Meter und intelligente Steuerungssysteme sind nötig, damit Haushalte Verbrauch und Preis in Echtzeit koordinieren können. Ohne diese Technik drohen Verschwendung und ineffiziente Nutzung, etwa wenn Elektroautos genau dann laden, wenn das Netz ohnehin bereits belastet ist.

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Langfristig zeigt sich: Das Szenario günstiger Strompreise ist ein Fingerzeig auf die Anforderungen der Energiewende. Flexible Marktmechanismen, Speicherung und intelligente Netze sind entscheidend, um erneuerbare Energie effizient zu integrieren. Wer heute kostenlos Strom laden kann, profitiert nur, wenn er seine Verbrauchsgewohnheiten aktiv anpasst. Wer das nicht tut, bleibt zwar Kunde, aber der Strom „verkommt“ in gewisser Weise zum Risiko – für das eigene Portemonnaie wie für das Netz.

Der 4. Oktober 2025 illustriert also sowohl die Chancen als auch die Grenzen eines Strommarktes, der zunehmend wetterabhängig wird. Wer dynamische Tarife nutzt, kann sparen – und gleichzeitig Teil eines flexibleren, klimafreundlicheren Energiesystems werden. Doch die vermeintliche „Kostenlosigkeit“ ist trügerisch. Ohne technische Infrastruktur und bewusstes Verbrauchsmanagement bleibt günstiger Strom vor allem ein Moment der Illusion.