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Gasspeicher leer – Bundesregierung prüft strategische Reserve

Die deutschen Gasspeicher sind ungewöhnlich leer. Im süddeutschen Breitbrunn-Lager ist nur ein Drittel des Speichers derzeit gefüllt. Auch der größte deutsche Gasspeicher im niedersächsischen Rehden steht nahezu leer. Die Zurückhaltung bei der Einlagerung von Erdgas hat die Debatte um einen staatlichen Eingriff neu entfacht.

Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg hat das Bundeswirtschaftsministerium unter Leitung von Ministerin Katherina Reiche (CDU) eine Machbarkeitsstudie zur Einführung staatlich kontrollierter Gasspeicher in Auftrag gegeben. Ein Ministeriumssprecher bestätigte auf Anfrage, dass derzeit eine umfassende Analyse des Gasmarkts laufe, in der auch strategische Reserven thematisiert werden.

Der Hintergrund: Bisher betreiben Unternehmen wie Uniper oder SEFE Storage die Speicher, beide gehören zu 99 bzw. 100 Prozent dem Bund. Diese verkaufen ihre Kapazitäten an Stadtwerke, Versorger oder Händler, die im Sommer günstig Gas einkaufen und im Winter mit Gewinn weiterverkaufen. Doch dieses sogenannte Sommer-Winter-Geschäft lohnt sich nur, wenn die Preisdifferenz hoch genug ist. Fehlt – wie derzeit – der finanzielle Anreiz, bleiben die Speicher leer.

Folgen für Versorgungssicherheit

Vor allem im industriestarken Süden Deutschlands sorgt die aktuelle Lage für Unruhe. Die geringe Auslastung von Breitbrunn veranlasste Uniper bereits dazu, den Zulieferer Trading Hub Europe (THE) zu Maßnahmen aufzufordern – andernfalls drohe die Stilllegung des Standorts. Auch für Rehden steht ein staatlicher Eingriff im Raum. Zwar wird der Speicher bereits durch ein staatliches Unternehmen betrieben, doch seine Bauweise gilt als weniger geeignet für kurzfristige Reservekonzepte.

Experten sprechen sich daher vermehrt für sogenannte Kavernenspeicher aus, die sich schneller befüllen und effizienter bewirtschaften lassen. Alternativ könnten kurzfristig verfügbare Gasmengen aus deutschen LNG-Terminals als Reserve dienen. Vergleichbare Modelle existieren bereits in Ländern wie Italien und Österreich. Dort sichern staatlich kontrollierte Reserven etwa elf Prozent der nationalen Speicherkapazitäten.

Neue Vorschläge aus der Branche

Auch aus der Energiebranche kommen neue Impulse: Die Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber Gas (FNB Gas) hat im Mai ein sogenanntes Kombinationsmodell vorgelegt. Darin ist eine speicherbasierte Sicherheitsreserve vorgesehen, die unter der Aufsicht der Trading Hub Europe eingerichtet werden könnte. Die Organisation unterstützt den Vorschlag laut einer Sprecherin ausdrücklich.

Die Idee einer zentralen strategischen Reserve erinnert an die Ölpolitik der Vereinigten Staaten. Dort gilt die nationale Ölreserve nicht nur als Notfallmaßnahme, sondern auch als außenpolitisches Instrument.

Auswirkungen auf Verbraucher

Für Privathaushalte ergibt sich aus der aktuellen Lage kurzfristig kein direktes Risiko. Die Versorgungssicherheit ist nicht unmittelbar gefährdet. Mittel- bis langfristig allerdings kann die Unsicherheit auf dem Gasmarkt zunehmen – insbesondere bei geopolitischen Spannungen oder Versorgungsengpässen. Im ungünstigsten Fall könnte die Zurückhaltung bei der Befüllung der Speicher in den kommenden Wintern zu höheren Gaspreisen führen.