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Das wird ein Rekordjahr für negative Strompreise

Im Jahr 2025 sind die Strompreise in Deutschland bereits an 457 Stunden ins Minus gerutscht – und das noch vor Ende des Sommers. Für Haushalte mit dynamischen Tarifen bedeutete das kurzfristig kostenlose Energie. Doch hinter diesem Rekord verbirgt sich ein strukturelles Problem: Die Energiewende überfordert die bestehenden Stromnetze.

Grüne Energie für jedes Budget – der Balkon wird zum eigenen Kraftwerk (Foto: Albert Pfäffle GmbH)

Laut dem Fachportal PV Magazine wurde der bisherige Höchstwert aus dem Jahr 2024 – damals wurden 453 Stunden mit Preisen unter null Euro gezählt – schon jetzt übertroffen. Als „negative Strompreise“ gelten Zeiträume, in denen der Börsenpreis für Strom unter null fällt, also Stromerzeuger im Extremfall sogar dafür zahlen müssen, dass jemand ihren Strom abnimmt.

Auch für Verbraucher mit flexiblen Stromtarifen ist das eine willkommene Gelegenheit. Die meisten Haushalte profitieren davon allerdings nicht, da sie über Festverträge mit gleichbleibenden Kilowattstundenpreisen abgerechnet werden.

Der Preisverfall als Folge des Solarbooms

Die Ursachen für die negativen Preise sind komplex, haben aber vor allem mit dem massiven Zubau bei der Photovoltaik zu tun. Negative Strompreise sind die Folge von hohen Überschüssen an Solarstrom. An sonnigen Tagen kann das Stromangebot die inländische Nachfrage deutlich übersteigen. Länder wie die Niederlande oder die Schweiz nehmen Deutschland den überschüssigen Strom gegen Geld ab.

In den vergangenen Jahren sind Solaranlagen günstiger geworden, auch Balkonkraftwerke boomen. Diese Anlagen speisen dezentral und oft ungesteuert ins Stromnetz ein.

Zugleich fehlt es an intelligenten Stromverteilungsstrukturen. Das Stromnetz ist auf diese neue Vielfalt an Einspeisern bislang kaum vorbereitet. Regionale Netzbetreiber geraten bei starkem Sonnenaufkommen zunehmend an ihre Grenzen. In Baden-Württemberg wurde im Sommer bekannt, dass keine neuen Solaranlagen mehr ans Netz angeschlossen werden dürfen – zumindest dann nicht, wenn sie überschüssigen Strom einspeisen möchten.

Förderkosten trotz Stromüberschuss

Hinzu kommt ein finanzielles Dilemma: Trotz negativer Marktpreise erhalten viele Betreiber älterer Photovoltaikanlagen weiterhin garantierte Einspeisevergütungen. Diese werden aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) finanziert und summierten sich allein im Jahr 2024 auf über 18 Milliarden Euro. Das bedeutet: Auch wenn der eingespeiste Strom wirtschaftlich wertlos ist, zahlt der Staat – und damit der Steuerzahler – weiter.

Um gegenzusteuern, trat ein bereits beschlossenes Gesetz in Kraft, das Anlagenbetreibern, die ihre PV-Anlage ab 2025 in Betrieb nehmen, in Zeiten negativer Strompreise keine Einspeisevergütung mehr gewährt. Ziel ist es, Anreize für Eigenverbrauch oder Stromspeicherung zu schaffen. Wer über ein Elektroauto oder Batteriespeicher verfügt, kann den überschüssigen Strom selbst nutzen – anderenfalls lohnt sich die Abschaltung der Anlage in Phasen mit Überangebot.

Warum das Stromnetz der Engpass ist

Die negativen Strompreise zeigen damit die strukturellen Schwächen der Energiewende. Der Strom aus erneuerbaren Quellen steht bereit, kann aber oft nicht dorthin transportiert werden, wo er benötigt wird. Insbesondere der Nord-Süd-Transport von Windstrom ist problematisch – der Netzausbau hinkt hinterher.

Gelingt es nicht, die Leitungsnetze schnell und umfassend zu modernisieren und auszubauen, droht das Ziel einer dezentralen, klimafreundlichen Stromversorgung ins Stocken zu geraten. Dabei wäre die Lösung technisch machbar: Flexible Verbraucher, intelligente Steuerungssysteme und bessere Speichertechnologien könnten den Überschuss besser nutzen.