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Großstädte treiben Wärmewende voran – Was wird aus der 65-Prozent-Regel?

In deutschen Großstädten läuft die Zeit. Bis Ende Juni 2026 müssen kommunale Wärmepläne vorliegen. Das sieht das Wärmeplanungsgesetz vor, das eng mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) – umgangssprachlich Heizungsgesetz – verzahnt ist. Die Bundesregierung will offenbar an dieser Frist festhalten.

Übersehen Verbraucher Kostenfallen bei neuen Gasheizungen? (Foto: Stiebel Eltron)

Hintergrund: EU-Vorgaben bis 2050

Der Handlungsdruck ergibt sich aus europäischen Vorgaben. Ein EU-Gesetz verpflichtet die Mitgliedstaaten, den Gebäudebestand bis 2050 vollständig klimaneutral zu machen. Deutschland muss die Richtlinie bis 2026 in nationales Recht umsetzen. Der Sanierungsfahrplan basiert auf zwei Säulen: der kommunalen Wärmeplanung und dem Gebäudeenergiegesetz. Erst wenn die kommunale Planung abgeschlossen ist, greift die zentrale Vorschrift des GEG – die 65-Prozent-Regel.

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Kern des Heizungsgesetzes: Die 65-Prozent-Regel

Nach geltendem Recht müssen neu eingebaute Heizungen künftig zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Diese Vorgabe soll den Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme beschleunigen. Erfüllt werden kann sie auf verschiedenen Wegen: durch den Einbau einer Wärmepumpe, den Anschluss an ein Fernwärmenetz oder durch Hybridlösungen, etwa die Kombination von Gas mit Solarthermie oder Holzpellets.

Besonders umstritten ist die enge Verknüpfung von Wärmeplanung und Heizungsgesetz. Mit Abschluss der kommunalen Planung beginnt für Hausbesitzer die Verpflichtung, beim Heizungstausch auf erneuerbare Systeme zu setzen.

Debatte um Reformen

Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einer Reform des Heizungsgesetzes. Nach Angaben aus dem Bundeswirtschaftsministerium soll sie gemeinsam mit der Umsetzung des EU-Sanierungsgesetzes vorgestellt werden. Ob das noch 2025 geschieht, ist offen. Auch über die genaue Ausgestaltung herrscht Unsicherheit.

Politisch wird über die Entkopplung von Wärmeplanung und Heizungsgesetz diskutiert. CDU-Politiker Lars Rohwer sprach sich dafür aus, Hausbesitzern zwar weiterhin eine Orientierung durch kommunale Pläne zu geben, sie aber nicht unmittelbar daran zu binden. Damit entfiele die automatische Anwendung der 65-Prozent-Regel.

Konflikt in der Regierung zeichnet sich ab

Die SPD hält dagegen. Umweltminister Carsten Schneider erklärte kürzlich in der Süddeutschen Zeitung, am Umstieg auf saubere Heizungen ändere sich nichts, ebenso wenig am Abschied von fossilen Systemen. Für die Sozialdemokraten bleibt die 65-Prozent-Regel zentral, um Planungssicherheit und klare Leitplanken für die Energiewende im Gebäudesektor zu schaffen.

Die Debatte zeigt den Zielkonflikt: Einerseits sollen Bürger und Kommunen Flexibilität behalten, andererseits braucht es klare Vorgaben, um die Klimaziele einzuhalten.

Wirtschaftliche Faktoren

Auch unabhängig von der Gesetzeslage wird der Druck auf fossile Heizsysteme steigen. Ab 2027 greift der neue EU-weite CO2-Preis für Gebäude und Verkehr. Fossile Brennstoffe wie Gas und Heizöl verteuern sich damit deutlich. Selbst wenn die 65-Prozent-Regel abgeschwächt würde, bliebe der ökonomische Anreiz, auf erneuerbare Systeme umzusteigen, bestehen.

Mehr als 70 Prozent der Emissionen privater Haushalte entstehen durch die Wärmeerzeugung. Wer seine Heizkosten senken und gleichzeitig Emissionen reduzieren will, kommt langfristig kaum am Austausch einer Gas- oder Ölheizung vorbei.